2006 - Campingsarg

Campingsarg / Les grands spectacles II. Kunst auf der Bühne:

Campingsarg versus Schlingensiefs Hodenpark im Kampf um die letzte Bühne als möglicher Attraktor. Der in Salzburg lebende Künstler und Literat Max Blaeulich hat einen zusammenklappbaren Campingsarg installiert, laut beigelegtem Prospekt in Bauhäusern zu kaufen, der die Frage nach dem "letztem Raum" aufwirft. Dem gegenüber ist Schlingensief mit seiner Installation chicken balls - der Hodenpark vertreten als eingeübte standardisierte Provokation. Spekulativ eingesetzt drängt sich die Frage auf, ob diese Ausstellung es notwendig hat, Schlingensiefs Zitatenmix als Medienereignis einzusetzen Während der Eröffnungsrede baute Schlingensief an seiner Installation - ein Störungsakt mit Hammer & Bohrmaschine.
Thomas Redl ST/A/r 10 2006

MaxKunst Prospekt zum Campingsarg PDF

Bilder Campingsarg

zusammenklappbaren Campingsarg

Terra Nova - Campingsarg

Produktion: Video: Fox - Sprecherin: Ulrike Arp


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    LeS grandS SpectacleS II Kunst auf der Bühne Sommerausstellung im Museum der Moderne Salzburg

    Die aktuelle Sommerausstellung - zweiter Teil der Ausstellungstrilogie Les Grands Spectacles - im Museum der Moderne Salzburg ist eine theater- und kunstgeschichtlich gut strukturierte Schau zur Entwicklung des Spannungsfeldes Bühne und Bildende Kunst seit der Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts. Exemplarisch werden wichtige Entwicklungsschritte vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute gezeigt. Die Auswahl der präsentierten Arbeiten basiert auf zwei Konstanten: der veränderten Wahrnehmung von Raum und der veränderten Wahrnehmung von Bewegung; unter anderem sind Arbeiten zu diesem Thema von Oskar Schlemmer, Fernand Leger. El Lissitzky, Jean Dubuffet und Friedrich Kiesler sind zu sehen. Die Neudefinierung des Bühnenraums und die Neuentdeckung des Körpers im Spannungsfeld zwischen Befreiung und Mechanisierung werden thematisiert. Bühnengestaltungen von zeitgenössischen Künstlern wie Fritz Wotruba, Jean Tinguely bis Jörg Immendorff, Robert Longo und Karel Appel, realisiert bei den Salzburger Festspielen, vermitteln die enge Verbindung von Bildender Kunst und Bühne. Die Aktionisten sind natürlich auch vertreten mit Günter Brus und Hermann Nitsch - wie üblich mit einem seiner Orgien-Mysterien-Theater (Videodokumentation).
    Campingsarg versus Schlingensiefs Hodenpark im Kampf um die letzte Bühne als möglicher Attraktor. Der in Salzburg lebende Künstler und Literat Max Bläulich hat einen zusammenklappbaren Campingsarg installiert, laut beigelegtem Prospekt in Bauhäusern zu kaufen, der die Frage nach dem "letzten Raum" aufwirft. Dem gegenüber ist Schlingensief mit seiner Installation chicken balls - der Hodenpark vertreten als eingeübte standardisierte Provokation. Spekulativ eingesetzt drängt sich die Frage auf, ob diese Ausstellung es notwendig hat, Schlingensiefs Zitatemix als Medienereignis einzusetzen. Während der Eröffnungsrede baute Schlingensief an seiner Installation - ein Störungsakt mit Hammer & Bohrmaschine.
    Charles Kaltenbacher kommentiert: Schlingensief in den 90er Jahren als imposanter, eloquenter Surfer auf der angesagten Welle des sozialen Engagement (5 Millionen Arbeitslose - ich kümmere mich darum) aufgetreten, zeigt sich hier als Parsifal mit Hoden, den das Volk gefälligst zu beachten hat. Das Thema der Hoden wurde übrigens von Matthew Barney in seiner Cremaster-Serie in den 90er Jahren thematisiert. Welch Leichtigkeit im Spannungsfeld >zwischen Objekt, Akteur und Bühne möglich ist, zeigt eine frühe Videoarbeit von Franz West - Passstücke in Gebrauch, Titel De Cohen Kabo West, 1983/84 -, welche die Schwere aktionistischer Opferhaltung mit "Leichtigkeit überwunden hat und spielerisch den "galanten Wiener Charme" Wests zeigt, mit dem er international reüssierte. Die Ausstellung läuft bis 8.10.2006 Ein umfangreicher Katalog ist erschienen.

    Salzburg allgemein: Nach dem Ausstellungsbesuch sitzt man im hirschgeweihbestückten, von Matteo Thun gestalteten Museums-Cafe-Restaurant und wartet eine 1/2 Stunde auf das mehrmals georderte Bitter Lemon während draußen die Salzburger Schützen mit Böllerschüssen die Festspiele mit Donnerlärm eröffnen und daran erinnern, dass in den nächsten Wochen Salzburg ein Laufsteg von Reich, Schön, Einflussreich und kulturbeflissen ist. Auf die Stadt blickend ertappt man sich dabei, Erleichterung zu verspüren bei dem Gedanken, den Ort zu verlassen, an dem Dirndlkleid und Strapse eine äußerst lukrative Symbiose eingehen. Thomas Redl
    Red. ST/A/R Verein für Städteplanung / Architektur / Religion Ausgabe Nr. 10/2006